Wie werde ich Übersetzer? – Ausbildungsmöglichkeiten für Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen 

22.10.2023

Zwei Dinge vorweg: Brauchen wir überhaupt noch Dolmetscher und Übersetzer? Es gibt doch Google Translator, Chat GPT und DeepL. Und: Übersetzer und Dolmetscher sind keine geschützten Berufstitel, jeder kann sich so nennen. Wir finden, es lohnt sich trotzdem und – Digitalisierung in allen Ehren – keiner kann so kompetent und zwischenmenschlich zwischen zwei Kulturen vermitteln oder zwischen den Zeilen Gesagtes besser wiedergeben als ein ausgebildeter und erfahrener Dolmetscher/in oder Übersetzer/in.

Vor allem in unserem Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien, wenn Treffen zwischen Firmen und Institutionen stattfinden, im Bereich der Wirtschaft, Justiz, Politik oder Medizin, aber auch bei Begegnungen und kulturellen Treffen sind gute Sprachmittler unerlässlich. Mit den oben genannten Tools kommt man hier schwer weiter. Doch das wollen wir zu einem anderen Zeitpunkt auf SPRACHWERK LAUSITZ diskutieren.

Ob man eine Ausbildung macht oder nicht, hängt von der persönlichen Situation ab. Der Bund der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) empfiehlt ein Studium, da es wirklich am besten auf die sprachlichen, kulturellen Schwierigkeiten vorbereitet und den Weg zum Sprachenprofi ebnet. Aber selbst unter uns wird diskutiert, was besser ist: Ein studierter Übersetzer, der sich aber erst das Fachwissen aus Technik, Forschung oder Verwaltung aneignen muss, oder ein Experte auf einem bestimmten Fachgebiet, der sich zwar mit den Fachwörtern auskennt, aber sich im Sprachen- und Vermittlungsbereich fortbilden muss. Beide Wege sind möglich und bringen Vor- und Nachteile mit sich.

Studieren im Dreiländereck – das war gestern

Bis vor kurzem konnte man noch an der regionalen Hochschule Zittau/Görlitz den Bachelor-Studiengang „Wirtschaft und Sprachen“ (ehemals Diplomstudiengang „Übersetzen Polnisch/Englisch“ und „Tschechisch/Englisch“) sowie das Masterstudium „Wirtschaftsübersetzen Polnisch/Deutsch“ studieren. Bedauerlicherweise wurden diese Studiengänge aufgrund ihrer unerkannten Wichtigkeit eingestampft. Somit gibt es diese Ausbildungsmöglichkeit in der Dreiländerregion Deutschland-Polen-Tschechien nicht mehr, was den Mangel an kompetenten Sprachmittlern spürbar vorantreibt.

Wo gibt es Studiengänge?

Deutschlandkarte mit Orten, wo man Übersetzen studieren kann

Quelle: Transforum

Das TRANSFORUM bietet einen sehr guten Überblick über aktuelle Studienmöglichkeiten in der gesamten Bundesrepublik:

Die bekanntesten Hochschulen für Translationsstudiengänge sind sicherlich Germersheim (Uni Mainz) sowie die Uni Leipzig, aber auch das Saarland, Hildesheim, München, Köln und einige weitere bieten ein gutes Portfolio. Neben Vollzeitstudiengängen gibt es auch Teilzeitausbildungen, immer verbunden mit wichtigen Praktika und Auslandsaufenthalten.

Weitere wertvolle Informationen zur Ausbildung stellt der Bund der Dolmetscher und Übersetzer bereit, in den viele praktizierende Übersetzerinnen und Dolmetscherinnen teils noch während der Ausbildung einsteigen:

Die nächste Uni ist also Leipzig. Einen relativ neuen Studiengang, von dem wir erst kürzlich erfuhren, bietet die Uni Potsdam an: „Angewandte Kultur- und Translationsstudien (deutsch-polnisch)“ mit Double Degree an der Maria-Curie-Skłodowska-Universität Lublin. Auch für Tschechisch gibt es einen binationalen Studiengang mit Doppelabschluss „Interkulturelle Kommunikation und Translation Tschechisch-Deutsch“, der von der Universität Leipzig in Kooperation mit der Karls-Universität Prag angeboten wird.

Man muss nicht zwingend an einer Hochschule studieren, auch einige wenige Fachakademien bieten Dolmetscher- und Übersetzerabschlüsse an:

Europaweit haben verschiedene Universitäten gemeinsame Standards für die Übersetzungsausbildung in Masterstudiengängen definiert und sich zu dem Netz Europäischer Master Übersetzen (EMT) zusammengeschlossen. Mit dem EMT-Label gibt es seit 2019 ein Gütezeichen für Masterstudiengänge im Bereich Übersetzen.

Weltweit gibt es über 200 universitäre Ausbildungsstätten für Übersetzen, Dolmetschen und Berufe mit translatorischem Bezug. Viele von ihnen sind Mitglied der CIUTI (Conférence permanente des Instituts universitaires de Traducteurs et d’Interprètes, frz. für Internationale Konferenz der Universitätsinstitute für Dolmetscher und Übersetzer), die weltweit älteste und renommierteste internationale Vereinigung von Universitätsinstituten, die Studien im Bereich Übersetzen und Dolmetschen anbieten.

Studieninhalte

Es kommt zwar auf den jeweiligen Studiengang an, ob Fachübersetzen, Literaturübersetzen oder Dolmetschten, als Bachelor oder Master. Bestimmte Inhalte aber sind bei allen Studienangeboten ähnlich wie:

  • Übersetzungswissenschaft / Translationstheorie
  • Methoden des Übersetzens
  • Übungen und Fachtexte
  • Stilanalyse
  • Sprachkompetenz
  • Literatur-, Kultur- und Sprachwissenschaft
  • interkulturelle Kommunikation
  • je nach Studienrichtung Fachunterricht in Technik, Umwelt, Wirtschaft, Jura u.a.

Obligatorisch und empfohlen sind so gut wie immer mindestens ein Auslandsemester an einer Partnerhochschule und Praktika in einem Übersetzerbüro oder anderen berufsnahen Einrichtung.

Auf jeden Fall macht so ein Studium viel Spaß, man lernt tolle Menschen kennen und sammelt viele wertvolle Erfahrungen.

Sprachenwahl

Die wohl größte Zahl der Übersetzerinnen und Dolmetscherinnen gibt es für die englische Sprache. Wer eine seltene Randsprache bedient, kann einerseits feststellen, dass man wenig gefragt ist, beispielsweise bei einem seltenen Dialekt, oder aber wiederum, dass man vor Anfragen nicht mehr hinterherkommt, z.B. beim Schwedischen. Man sollte auf jeden Fall die Sprache wählen, in der man bereits Kenntnisse hat oder zumindest eine hohe Affinität. Die besten Voraussetzungen hat man, wenn man mit mehr als einer Muttersprache aufgewachsen ist und fließend mehrere Sprachen beherrscht.

Wie will ich zukünftig arbeiten? – Einsatzgebiete

Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten in welchem Umfang und auf welchem Gebiet man als Übersetzer oder Dolmetscher tätig sein kann. Das ist abhängig von der individuellen Situation und den eigenen Vorlieben.

  • Freiberufler: Die meisten Kolleg-/innen arbeiten freiberuflich im Homeoffice bzw. als mobiler Dolmetscher. Es kann ein Vorteil sein, sich seine Aufträge selbst auszusuchen, aber auch ein Nachteil, weil man immer am Ball bleiben muss. Oft ist man bei einer oder mehreren Übersetzeragenturen registriert und bekommt über diese Auftragsanfragen.
  • Angestellter: Angestellt sind die wenigsten. Nur selten leistet sich ein Unternehmen oder eine Institution einen eigenen Übersetzer/Dolmetscher. Möglich ist es aber.
  • Projektmanager: Einige verschlägt es etwas weg von den eigentlichen Texten hin zur Organisation von Übersetzungen. Als Projektmanager ist man meist in einem Übersetzerbüro bzw. einer Übersetzeragentur angestellt und koordiniert zwischen Auftraggebern und freien Übersetzern.
  • Beeidigter: Um eine Anerkennung als „staatlich geprüfter und öffentlich bestellter“ Übersetzer oder Dolmetscher zu bekommen, muss man sich beeidigen lassen. Die Beeidigungen sind in jedem Bundesland unterschiedlich:
    >> siehe Beeidigungsvoraussetzungen der Länder
    In manchen Bundesländern reicht ein Studienabschluss aus, in anderen muss eine anspruchsvolle staatliche Prüfung bestanden werden. Erst mit einer solchen Qualifikation darf man „beglaubigte“ Urkunden, Zeugnisse und Dokumente offiziell übersetzen und ausstellen.
  • Literaturübersetzer: Die Süddeutsche Zeitung titelte einmal „Literaturübersetzer – einsame Idealisten am Schreibtisch“ [siehe SZ-Artikel vom 17.5.2010]. Obwohl dieser Zweig der Übersetzer nicht wegzudenken ist, es keinen Literaturnobelpreis ohne sie geben würde und uns der Zugang zu anderen Kulturen dieser Welt verborgen bleiben würde, muss man in dieser Sparte Enthusiast sein und eher mit einem geringeren Einkommen rechnen. Oftmals gibt es Möglichkeiten eines Stipendiums, z.B. beim Deutschen Übersetzerfonds:
    >> Link zum Deutschen Übersetzerfonds
    Hauptansprechpartner ist der Verband deutschsprachiger Übersetzer/innen literarischer und wissenschaftlicher Werke e. V.:
    >> Link zum VdÜ
    >> Hier geht’s zum Artikel „Wie wird man Literatur-Übersetzer“.

Auch auf SPRACHWERK LAUSITZ zeigt sich diese bunte Mischung an verschiedenen Übersetzer/-innen und Dolmetscher/-innen, von der frisch studierten freiberuflichen Übersetzerin, die sich noch ausprobiert, über ein fest etabliertes Übersetzerbüro bis hin zur erfahrenen Dolmetscherin, die an der Uni lehrt. Jeder findet seine Sparte und seinen Weg, wie es für ihn oder sie am besten passt und wie die Nachfrage ist.

Weiterbildung

Wie in den meisten Berufen sind Weiterbildungen ein wichtiger Bestandteil. Wer glaubt, er hätte einmal ausgelernt und könnte sich dann zurücklehnen, wird als Übersetzer nicht lange erfolgreich sein. Nicht nur mit den Veränderungen seiner Arbeitssprache muss ein guter Übersetzer mithalten, auch die meisten Fachgebiete wie Technik oder Medizin entwickeln sich ständig weiter. Weiterbildungen bietet unter anderem der BDÜ an, nun fast ausschließlich online und damit für alle zugänglich

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